Wenn der Wald zur großen Kinderstube wird

Wildtierbeauftragter mahnt zu Rücksicht auf Reh & Co. beim Waldspaziergang

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Ein aktuell im Landkreis Esslingen von einem Hund gerissenes Reh (Bildnachweis: Daniel Ulmer, Landkreis Esslingen)

„So schön es ist, dass viele Menschen in der Zeit der Pandemie die Natur wiederentdecken und in die Wälder gehen, so wichtig ist es, sich dabei immer bewusst zu sein, dass man mit dem Wald den Lebensraum vieler Wildtiere betritt“, sagt Daniel Ulmer, Wildtierbeauftragter des Landkreises Esslingen. „Gerade herrscht Brut- und Aufzuchtzeit. Vogel, Reh, Fuchs & Co. bekommen bzw. haben ihren Nachwuchs. Zu ihrem Schutz ist ein verantwortungsvolles, umsichtiges Verhalten beim Waldspaziergang unerlässlich.“

Umso mehr ärgern den Wildtierbeauftragten die aktuell gehäuften Vorfälle mit wildernden Hunden, die Rehwild gerissen oder Wildtiere gehetzt haben. Eindringlich appelliert er an alle Hundehalter, sich gerade jetzt im Frühjahr mit besonders viel Respekt für die Natur im Wald zu bewegen und die Hunde auf Wald- und Feldwegen an die Leine zu nehmen. Zeigt ein Hund, egal ob groß oder klein, Jagdverhalten und der angeborene Jagdinstinkt kommt durch, ist allzu oft kein Halten mehr möglich, die Hunde stöbern instinktgeleitet Wild auf, hetzen Tiere oder reißen sie im Extremfall. Ein Hund kann selbst wenn er nur wenige Meter vom Weg entfernt läuft, einen Fluchtreflex bei Wildtieren auslösen. In der Nähe einer Straße werden unbeteiligte Verkehrsteilnehmer unnötig in Gefahr gebracht.

Für eine hochträchtige Rehgeiß könne die Flucht vor einem Hund durchaus tödliche sein, so Ulmer. Liegt ihr Rehkitz bereits in der Wiese, verhungert es jämmerlich. Das geschieht auch, wenn man es anfasst oder es einen fremden Geruch bekommt. Die Geiß versorgt das Kitz dann nicht mehr. In Wiesen können Hunde auch bodenbrütende Vögel und Junghasen aufscheuchen, die hier zu Hause sind. Darum dürfen Wiesen während der Vegetationszeit ab März nach dem Naturschutzgesetz nicht betreten werden. „Wildernde Hunde sind kein Kavaliersdelikt und verursachen unsägliches Tierleid. Darum droht ein empfindliches Bußgeld und schon bei einem einmaligen Vorfall die Auflage eines Leinen- und Maulkorbzwangs.“

Den Appell zum respektvollen Betreten des Waldes richtet Daniel Ulmer im Namen der Wildtiere genauso an alle anderen Waldbesucherinnen und -besucher. Wer sich abseits von Wegen aufhält, wie beim Geocaching, Mountainbike fahren oder Quer-Feldein-Laufen, dringt in Lebensräume von Wildtieren ein und schadet ihnen damit. Auch wer mit dem Fahrrad auf schmalen Waldwegen von weniger als 2 Metern Breite unterwegs ist und den Spaziergängern raumgreifend ausweicht, zerstört wichtige Rückzugsräume von Tieren. „Wir haben in Deutschland eines der großzügigsten Waldbetretungsrechte in Europa, das uns erlaubt, unsere heimischen Wälder zur Erholung zu betreten. Das sollten wir im Einklang und nicht auf Kosten der Natur tun, an der wir uns gerade jetzt alle freuen“, sagt der Wildtierbeauftragte.

Fragen zu Wildtieren beantworten gerne die örtlichen Jäger sowie der Wildtierbeauftragte des Landkreises, Daniel Ulmer, unter Telefon 0711 3902-42717 oder Ulmer.Daniel(at)LRA-ES.de